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September 30, 2019 at 07:56PM
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Vor kurzem ist ein schöner Artikel über mich und meine Arbeit als Neugeborenen Fotografin in der Zeitung erschienen. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Dennoch gibt es in letzter Zeit so einige Dinge, die mich zweifeln lassen, die mich verunsichern, mich traurig machen.
Ich bin ein Mensch, der sehr herzlich ist. Ich liebe die Arbeit mit den Neugeborenen und stecke sehr viel Energie hinein. Das beginnt mit den vielen Weiterbildungen in Form von Workshops, Videos, Büchern, freien Shootings und üben, üben, üben. Ich selbst finde immer wieder Dinge, die mich stören, die ich besser machen möchte oder die ich neu ausprobieren möchte und so gibt es in meiner Arbeit eigentlich immer Veränderungen. Aber natürlich ist auch die Sicherheit der mir anvertrauten Neugeborenen immer von höchster Priorität. Zu meinen Bildern gehören auch die vielen Accessoires und Requisiten, die ich in meinen Shootings nutze. Diese kommen nicht als billige Importware aus China, sondern stammen von ebenso kreativen Köpfen, die viel Liebe in das Nähen der süßen Babykleidung oder der speziellen Babybauchkleider, das Herstellen handgefärbter Wolldecken aus echter Schafwolle sowie das Anfertigen filigraner Haarkränze aus feinen Materialien stecken, um nur einige Dinge zu nennen. Diese Dinge sind ebenso hochwertig wie auch ich arbeiten möchte. Ich investiere viel Zeit, um solche Dinge bewusst auszuwählen und natürlich auch Geld, um besondere Sachen einzukaufen und keinen chemiebelasteten Billigkram. Ich habe ein Studio eingerichtet, wo ihr euch für die Zeit des Shootings wohlfühlen sollt. Auch hier gibt es regelmäßig Veränderungen, weil ich euch immer wieder neue Shootingsets bieten möchte. Es gibt jahreszeitliche Blumen und Accessoires, die ich oft für jedes Shooting neu einkaufe.
Ich bin selbst Mama, Ehefrau, Ich. Ich versuche oftmals, Termine möglich zu machen, damit es zu euren Wünschen passt, stelle dabei auch persönliche Dinge in den Hintergrund. Meine Familie, meine Kinder, meinen Mann, ja auch meine persönlichen Dinge vergesse ich da manchmal. Ich tue was ich liebe, ja, und bekomme auch sehr oft ganz liebes Feedback. Aber manchmal ist man auch enttäuscht, wenn man so viel möglich macht und diese Offenheit nicht immer auf Gegenseitigkeit beruht. Klar, darf man als Kunde auch seine Meinung äußern und mir sagen, was nicht gut gelaufen ist. Ich bin wirklich offen für Kritik – wenn sie denn angebracht ist. Ich bin auch nur ein Mensch und da passieren mal Fehler, die ich dann selbstverständlich versuche, wieder zu berichtigen. Aber manchmal sind es auch Dinge, die man ganz einfach hätte ändern können. Wenn ihr ein Bild etwas schneller braucht als mein vorher mitgeteilter Zeitplan es vorsieht, dann sagt es mir und ich versuche euren Wunsch zu erfüllen. Wenn euch ein Hintergrund oder Set nicht gefällt, sagt es mir beim Shooting, dann können wir jederzeit etwas verändern. Wenn ihr Wünsche habt, teilt sie mir bereits vor dem Shooting mit. Wenn ihr Fragen habt, stellt sie mir rechtzeitig, denn ich schaffe es nicht, jeden Tag Mails zu beant-worten. Und am Wochenende bin ich dann auch einfach mal Mama, Ehefrau, Ich und gehe meinen persönlichen Dingen nach – wie jeder andere auch. Da möchte ich keine bösen Fragezeichen bekommen, weil ich auf eine Frage am Sonnabend- oder Sonntagabend nicht geantwortet habe. Bitte gesteht auch Selbständigen ihre Freiräume, ihren Feierabend zu. Das höre ich von vielen anderen Selbständigen nämlich auch. Nur weil man heutzutage per WhatsApp, Facebook und Instagram Nachricht oder Mail rund um die Uhr erreichbar ist – muss und möchte ich nicht rund um die Uhr darauf antworten.
Wenn in meinem Privatleben mal unvorhergesehene Dinge passieren, dann hoffe ich auf Verständnis so wie ich es euch auch entgegenbringe. Das kennt doch jeder, dass es mal Zeiten gibt, wo es nicht rund läuft. Eine Krankheit jagt die nächste, Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte, etwas geht kaputt, Termine und geplante Dinge müssen verschoben und neu organisiert werden. Ich versuche im Hintergrund immer, möglichst viel zu organisieren und wirklich krank wird man als Selbständiger auch fast nie. Man geht nicht einfach zum Arzt und lässt sich krankschreiben, denn die liegengebliebene Arbeit nimmt einem niemand ab. Manchmal gibt es dafür nicht mal Verständnis, weil man versprochene Termine nicht einhalten kann. Ich frage mich dann, ist es das wirklich wert, dass ich meine Gesundheit vernachlässige oder jetzt gerade keine Zeit für mein krankes Kind habe?
Ich möchte mich nicht mehr rechtfertigen müssen, warum meine Preise „so hoch“ sind. Ich verdiene mir damit keine goldene Nase, sondern ich arbeite, um meine Familie zu ernähren, so wie jeder von euch auch. Ich zahle damit die Miete für mein Studio, die Kosten für meine Krankenkasse und Altersvorsorge, die Steuern an das Finanzamt, die Kosten für verwendete Accessoires und Requisiten, die Kosten für das Fotolabor und meine Arbeitszeit. Wir sehen uns in der Regel nur zum Fotoshooting, aber die gesamte Zeit, die ich für ein einzelnes Shooting benötige, ist um ein Vielfaches höher. Denn schon die ganze Vorbereitung nimmt viel Zeit in Anspruch und im Nachhinein stehen oft noch diverse Stunden an Arbeit an. Ihr bekommt von mir Bilder in Form von gedruckten Fotos, weil ich es einfach wichtig finde, seine Bilder in den Händen zu halten – in digitaler Form schießen wir doch mit dem Handy tagtäglich tausende Fotos, die selten an einer Wand oder in einem Fotobuch landen. Ihr bekommt die Bilder von mir auch in digitaler Form und könnt damit dann eure gewünschten Bilder in der gewünschten Form bestellen. Oft wird der Wert einer Datei nicht verstanden. Leider sehe ich vielzu oft Screenshots von Bildern aus der Vorschaugalerie. Dieses ist rechtlich gesehen sowas wie Diebstahl, denn diese Bilder werden genutzt, aber nicht bezahlt. Aber man sagt oft nichts und nimmt es hin.
In unserer heutigen Gesellschaft geht es oft nur darum, immer höher, schneller und weiter hinaus zu kommen. Ich freue mich natürlich, dass ich so viele Kunden auch von ganz weit weg habe. Ich fühle mich geehrt, dass viele so eine weite Anreise auf sich nehmen, nur um von mir Bilder machen zu lassen. Ich freue mich, dass der Kalender bis zum Jahresende voll ist und muss lernen, konsequent nein zu sagen bei neuen Anfragen. Man möchte niemanden wegschicken müssen, aber die Ausnahmen, die man dann manchmal macht, verursachen dann bei mir wieder Unruhe und Stress. Manchmal möchte ich einfach nur die Mama und Ehefrau sein, die nach getaner Arbeit Feierabend macht und nicht noch schnell eine Nachricht beantworten muss. Die nicht noch einen Beitrag für Facebook planen muss, weil sonst die Reichweite wieder im Keller ist, wenn man nicht regelmäßig postet, sondern lieber was Leckeres für die Familie kocht. Ich möchte mich genauso abgrenzen können und auch Kranksein dürfen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Ich möchte Zeit für private Dinge haben, die ich schon Monate oder gar Jahre vor mir her schiebe. Ich möchte eine gemütliche Vorweihnachtszeit mit meiner Familie verbringen und mich auf die Weihnachstzeit freuen und nicht wie jedes Jahr Weihnachten völlig erschöpft umfallen. Und im Sommer auch mal ganz entspannt mit meinen Kindern an den See fahren, ohne schon wieder an den nächsten Termin zu denken. Erfolg und Geld verdienen ist nicht alles. Deshalb wird es Veränderungen geben. Wie genau die aussehen, muss ich mir noch überlegen. Wer nach meinen ehrlichen Worten nicht abgeschreckt ist – keine Angst, ich werde nicht aufhören zu fotografieren. Aber ich muss etwas ändern, um mir selbst treu zu bleiben.
Mich und meine Arbeit muss nicht jeder mögen. Das hat zum Einen etwas mit Prioritäten zu tun. Der Eine zahlt ohne Probleme ein neues Handy für 800€ und findet meine Bilder zu teuer. Dem Nächsten sind Bilder wichtig, weil sie Erinnerungen sind, Dokumente der jetzigen Zeit, die auch in vielen Jahren noch großen Wert ha-ben. Derjenige wird gerne für meine Bilder zahlen. Ob man mich wählt hat auch etwas mit Geschmack und Vorlieben zu tun. Der eine mag meinen Bildstil, der nächste mag Bilder im Reportage-Stil oder ganz schlicht ohne jegliche Deko, wieder ein anderer nimmt die standardisierten Bilder einer Fotografenkette. Das ist völlig in Ordnung. Und ich freue mich, dass ich liebe Kollegen habe, mit denen ich mich freundschaftlich austauschen kann und zwischen denen es kein Konkurrenzdenken gibt. Miteinander statt immer nur gegeneinander.
Für mich laufen einige Dinge in der heutigen Zeit falsch, manche Werte gehen verloren oder sind vielen nicht mehr so wichtig. Ich wünsche mir oft ein bisschen mehr Respekt und Wertschätzung in unserer Gesellschaft. Für die Mama, die sich zu Hause um ihre Kinder kümmert. Für die Bäckerin, die in der Nacht aufsteht und unsere Brötchen bäckt. Für die Bedienung im Restaurant, die uns bedient, wenn wir am Feiertag essen gehen. Für die Krankenschwester, die am Wochenende arbeiten muss. Für die Erzieher, die sich jeden Tag um unsere Kinder kümmern. Für den Feuerwehrmann, der einen Brand löscht statt mit seiner Familie Mittag zu essen. Auf meinen Berufsstand bezogen:
Für die Neugeborenenfotografin, die euer Neugeborenes mit größter Sorgfalt behandelt und Bilder schafft, die euch noch in 20 Jahren an diese ganz besondere Zeit mit eurem Kind erinnern. Und den Hochzeitsfotografen, der euch den ganzen Tag begleitet, ein Gespür hat für die wichtigsten Momente an eurem großen Tag und im Notfall immer eine Ersatzkamera parat hat. Für den Familienfotografen, der dafür gesorgt hat, dass auch die Mama, die sonst immer alle fotografiert, mal mit auf den Familienfotos zu sehen ist und auch die Uroma, die nun schon nicht mehr lebt. Für die Sternenkindfotografin, die alles stehen und liegen lässt, wenn ihre Unterstützung gebraucht wird und den Eltern eines Sternchens etwas Bleibendes schafft, ein Zeugnis, dass dieses Kind geliebt wurde, auch wenn es nicht auf dieser Welt leben darf. Für die Kitafotografen, die in kürzester Zeit mit ihnen unbekannten Kindern fröhliche Bilder zaubern, die auch mal besonders und frisch aussehen.
Vielen Dank, dass du bis hier gelesen hast. Ich bin gespannt, was du darüber denkst.
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